Die Sage vom Räuber Daneil
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Die Sage berichtet vom Räuber Daneil, der hier hauste, Wanderer und Reisende überfiel, ausraubte und tötete. Drähte mit silbernen Glöckchen zeigten ihm seine Opfer an, die er mit dem Pferd schnell erreichte. Um eventuelle Verfolger zu täuschen, hatte er seinem Pferd die Hufeisen verkehrt herum aufgeschlagen.

Einst ging ein Mädchen durch den Wald, das von Halberstadt nach Pabstorf unterwegs war, um Mehlschulden zu bezahlen. Unterwegs traf es im Huy einen alten Mann. Er war sehr freundlich und sie unterhielten sich. Susanne, so hieß das Mädchen, erzählte dem Alten von ihrem Auftrag. Plötzlich veränderte sich der Mann. Er nahm seine falschen Haare und den langen falschen Bart ab und verwandelte sich in einen jungen, kräftigen Mann. Er wurde unfreundlich und gewalttätig. Es war der Räuber Daneil.

Daneil raubte ihr die 200 Taler, ließ ihr aber das Leben. Susanne erschrak sehr und wollte weglaufen. Aber der Räuber zog das weinende Mädchen in eine große Höhle. Dort waren noch andere Räuber. Sie fesselten die arme Susanne an Händen und Füßen. Dann warfen sie Susanne in eine Ecke der Höhle und überlegten, was sie mit dem gefangenen Mädchen machen sollten. Einige wollten Susanne töten. Aber der Räuber Daneil hatte eine andere Idee. Er ging zu dem ängstlichen Mädchen und sagte: „Ich werde dich zum Weibe nehmen, und wenn du alles tun wirst, was ich dir befehle, dann darfst du am Leben bleiben. Aber du darfst keinem Menschen etwas von uns Räubern verraten. Sonst musst du sterben!“ Aus Angst versprach das Mädchen alles und schwor einen heiligen Eid, nichts zu verraten. Nun musste Susanne für Daneil arbeiten. Sie musste kochen, waschen und die Höhle sauberhalten aber ihm auch sonst zu Willen sein. Die Kinder, die sie ihm während der schweren Jahre gebar, tötete er sofort, damit sie mit ihrem Geschrei das Versteck nicht verrieten. Erst nach langer Zeit erlaubte der Räuber Daneil, dass Susanne auch im Wald in der Nähe der Höhle spazieren gehen durfte. Dabei hörte das Mädchen manchmal Klingeln wie von vielen kleinen Glöckchen. Aber Susanne wusste nicht, was diese Geräusche bedeuteten.

Eines Tages beobachtete sie im Wald einige fremde Reiter. Plötzlich hörte sie wieder die Glöckchen klingeln. Überall in der Nähe der Höhle waren Drähte gespannt mit Glöckchen dran. Diese klingelten, wenn Wanderer oder Reiter die Drähte berührten. Das war das Signal  für die Räuber. Susanne sah, wie die Räuber sofort aus der Höhle stürzten. Sie überfielen die erschrockenen Reiter, ermordeten sie, raubten sie aus und verscharrten die Toten im Wald.

Furchtbar entsetzt rannte das Mädchen durch den Huy bis nach Halberstadt. Aber sie wagte nicht, mit einem Menschen über die Erlebnisse mit den Räubern zu sprechen. Völlig verzweifelt kniete sie vor dem Roland aus Stein nieder und erzählte diesem steinernen Mann alles. Sie beschrieb auch den Weg durch den Huy bis zur Höhle. 

Aber ein Ratsherr aus dem Rathaus hatte das Mädchen heimlich beobachtet und alles gehört. Er meldete dem Rat der Stadt davon, dieser ließ einen Priester kommen, der Susanne von ihrem Eid erlöste. Auf ihren Bericht hin wurden alle Bürger der Stadt und der umliegenden Dörfer aufgerufen, Mehl und Wasser in den Wald zu tragen. Am nächsten Tag zog eine Schar Soldaten zur Höhle. Aber der Räuber Daneil hatte die Höhleneingänge fest verrammelt und die Soldaten konnten nicht in die Höhle. Daneil verspottete die Soldaten, weil er sich sicher fühlte. Nun wurde eine große Menge Mehlbrei gekocht und von oben durch eine kleine Öffnung in die Höhle geschüttet. Da veränderte sich das Spottgelächter in lautes Schmerz- und Wutgebrüll. Nach einiger Zeit war es still. Endlich konnte man die Höhle öffnen und fand den toten Räuber. Er war im Mehlbrei erstickt. Dann suchte man auch die anderen Räuber und richtete sie in Halberstadt hin.

This Legend in English Language

Hier die Sage in Form des Gedichts von Karl Christian Wilhelm Kolbe aus dem Jahre 1792.

  • In Form eines Gedichts unter dem Titel "Die Daneilshöhle" benutzt der Dichter Karl Christian Wilhelm Kolbe (1770-ca.1840) den Sagenstoff. Seine "Vermischten Gedichte" erscheinen 1792 in Halberstadt bei Johann Christoph Dölle. Das Gedicht können Sie als PDF-Datei herunter laden!
  • Die Sage vom Räuber Daneil  erschien zuerst unter dem Titel  "Die Daneels-Höle" in der Sagensammlung "Volcks-Sagen" von  Johann Carl Christoph Nachtigal (1753-1819), der diese unter dem Pseudonym Otmar 1800 in Bremen veröffentlichte. Es war dies die erste deutsche Sagensammlung mit wissenschaftlichem Anspruch. 
  • Johann Gustav Büsching veröffentlicht 1812 "Volks-Sagen, Märchen und Legenden", darin ist auch "Die Daneels-Höle" enthalten, die sich auf den  Text von Nachtigal bezieht. Büschings Nacherzählung wird wiederum von William John Thoms 1834 "The legend of Daniel's cave" innerhalb seiner Sammlung "Lays and legends of various nations" ins Englische übertragen (hier der Text).
  • In seiner 1819 erschienenen  Sammlung von Nacherzählungen  "Wundervolle Sagen und abentheuerliche Geschichten aus alter Zeit" erzählt Friedrich Gottlieb Nagel  (1790-1855) auch die Sage "Die Danneilshöhle".
  • In seiner 1821 erschienenen Erzählung  „Marie, das Mädchen der Danneilshöhle, eine Geschichte aus dem 12. Jahrhundert“ verwebt Christoph Hildebrandt (1763-1848) die historische Geschichte von der Zerstörung Halberstadts durch Heinrich den Löwen 1179 mit der Sage vom Räuber Daneil. (als Reprint bestellbar bei der EDITION HUY)
  • Widar Ziehnert veröffentlicht 1839 "Preußens Volkssagen, Märchen und Legenden, als Balladen, Romanzen und Erzählungen bearbeitet" und erzählt darin auch die Sage "Die Daneilshöhle bei Halberstadt".
  • Die Sagensammlung "Sagen und Geschichten aus der Vorzeit von Halberstadt, dem Harze und der Umgegend, bearbeitet von mehreren Sachkundigen", erschienen 1847 in Halberstadt bei Lindequist enthält auch "Die Daneils-Höhle".
  • In der 1848 erschienenen Sagensammlung  "Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen." von Adalbert Kuhn (1812-1881) und Wilhelm Schwartz (1821-1899) findet sich ebenfalls die Sage vom "Räuber Danneil".
  • Im Vergleich mit anderen Räuber- und Höhlensagen insb. der sehr ähnlichen von der Lippoldshöhle findet sich unsere Sage wieder im 1854 erschienen Band "Niedersächsische Sagen und Märchen" von Georg Schambach und Wilhelm Müller.
  • 1858 gibt Wolfgang Menzel in seinem Werk "Deutsche Dichtung von der ältesten bis auf die neueste Zeit" eine eher mythologische Deutung der Sage.
  • Eine umfangreiche literarische Bearbeitung ist die Grundlage für die etwa 1865 erschienene Erzählung "Der Räuber Daneil und Das muthige Hannchen, eine Sage aus dem Harze" von Martin Claudius (Pseudonym von Wilhelmine[1802-1885], Minna [gest. 1904], Rosa [1831-1912] und Marie Petzel [gest. 1918]). (als Reprint bestellbar bei der EDITION HUY)

Die Sage hat  ihren Ursprung im Mittelalter.  Auch noch in der frühen  Neuzeit diente die Daneilshöhle als Unterschlupf für Verbrecher, wie die Geschichte des Simon Bingelhelm (genannt Tausendteufel von Halberstadt) zeigt, der am 6. Juni 1600 in Gröningen zum Tode verurteilt und geviertelt wurde.
Eine Verulkung der Sage stellt der Bänkelgesang "Die Butterfrau von Halberstadt" dar

Dieser Bänkelgesang war wohl wiederum die Inspiration für Wilhelm Raabes Erzählung "Horacker", wie Reinhald Döhl vermutet.

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